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Shared Mobility – Geteilte Freude

    Die Idee ist bestechend: Wenn wir teilen, haben alle mehr davon. Das gilt auch beim Thema Unterwegssein. Schließlich wissen wir, dass gerade das private Fahrzeug die allermeiste Zeit nur ungenutzt herumsteht, Geld kostet und Platz wegnimmt. Aber bei Shared Mobility geht es nicht nur ums Autoteilen. Es geht um viel mehr: Es geht um ein neues Verhältnis zum Besitzen und darum, wie wir uns in Zukunft – am besten klimaschonend und nachhaltig – fortbewegen wollen. Und Spaß machen soll es natürlich auch noch.

    Text übernommen von www.ROLPH.de, herausgegeben vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität des Landes Rheinland-Pfalz. Veröffentlicht am 23.6.2022:
    https://www.rolph.de/magazin/shared-mobility-geteilte-freude.

    Fotos:
    UrStrom BürgerEnergieGenossenschaft Mainz eG
    UrStromMobil powerd by Vianova eG eSharing Plattform

    Wirtschaft des Teilens – Was ist das?

    Teilen statt besitzen: Ursprünglich stammt der Gedanke der gemeinschaftlichen Nutzung aus der Landwirtschaft und wird dort schon lange praktiziert, sei es bei landwirtschaftlichen Genossenschaften zur Anschaffung teurer Maschinen und Geräte oder in Netzwerken wie der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi), wo private Verbraucher sich mit landwirtschaftlichen Betrieben zusammenschließen.

    Genossenschaftliche Konzepte des Teilens gibt es auch in anderen Bereichen – von der nachhaltigen Erzeugung von Energie bis zum gemeinschaftlichen Wohnen.

    Die Share Economy hat mit dem Internet aber noch viel mehr Bereiche erschlossen. Geteilt, getauscht, geleast, gemietet oder gar verschenkt wird praktisch alles: Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kleider, Bücher, Wohnungen, Gärten und natürlich Fahrzeuge. Und dieses Teilen ist bei Weitem nicht mehr nur genossenschaftlich organisiert, sondern auch privatwirtschaftlich und kommerziell, wie beim Fahrdienst „Uber“ oder der Zimmervermittlung „Airbnb“. Doch auch die Kommunen kommen – gerade beim Thema Mobilität – ins Spiel, wie zum Beispiel die Mainzer Mobilität mit ihrem hauseigenen Bikesharing. Und auch Autos verleiht das kommunale Unternehmen: Gemeinsam mit „book-n-drive“, einem der bundesweit größten kommerziellen Carsharing-Anbietern, stellt die Mainzer Mobilität rund 160 Fahrzeuge an mehr als 60 Stationen bereit.

    Shared Mobility – Vom Haben zum Sein

    Die Shared Mobility ist ein wichtiger Bestandteil dieser „Wirtschaft des Teilens“. Hier manifestiert sich deutlich der Trend vom Haben zum Sein, weg vom Produkt, hin zur Dienstleistung, weg vom individuellen Besitz und hin zum Teilen. Und das ganz besonders beim Auto, denn immer mehr Menschen nutzen Carsharing: Vor zehn Jahren, so der Bundesverband CarSharing, gab es noch keine 4.000 Fahrzeuge in diesem Bereich und nur etwa 250.000 berechtigte Nutzerinnen und Nutzer. 2022 sind es mehr als 30.000 Fahrzeuge in 935 Orten und rund 3,4 Millionen Menschen, die sich für diesen Dienst angemeldet haben.

    Doch es werden nicht nur Autos geteilt. Das Angebot an Fahrzeugen umfasst insbesondere auch E-Scooter, E-Fahrräder und Pedelecs und On-Demand-Angebote wie das Ridepooling.

    Genossenschaftliches Autoteilen

    In Rheinland-Pfalz gibt es acht Genossenschaften, die aus diesem gemeinschaftlichen Ansatz heraus Autos teilen. Eine davon ist die „UrStrom“-Genossenschaft in Mainz. Sie hat acht E-Autos am Start und zusätzlich auch mehrere Lastenräder. Die Energie-Genossenschaft mit 500 Mitgliedern erzeugt ihren eigenen Strom nachhaltig über regionale Photovoltaikanlagen.

    „Allein eine unserer Anlagen auf einem Weingut in Großwinternheim produziert so viel Strom im Jahr, dass ein E-Auto damit zehn Mal um die Erde fahren könnte“, erklärt Dr. Philipp Veit, Vorstand bei „UrStrom“. „Und da wir so viel Ökostrom erzeugen, wollten wir diesen auch in Elektromobilität einsetzen.“ Das war der Beginn von „UrStromMobil“ mit mittlerweile fünf Standorten in Mainz, Budenheim und an der Technischen Hochschule Bingen.

    Genossenschaftliches Teilen kommt gut an: Allein das E-Carsharing-Projekt an der Technischen Universität Bingen, das vom Allgemeinen Studierendenausschuss gemeinsam mit der „UrStrom“-Genossenschaft umgesetzt wird, hat 130 Menschen, die die beiden Elektrofahrzeuge nutzen.

    Sharing auf dem Land

    „,Was einer nicht schafft, schaffen viele zusammen‘ ist der genossenschaftliche Grundgedanke, der auch beim E-Carsharing trägt“, erklärt Dr. Veit. Und im Unterschied zum kommerziellen Angebot greift dieser Gedanke auch im ländlichen Raum. Wie zum Beispiel in Traben-Trarbach, wo die Bürgerenergiegenossenschaft „Energiewende Hunsrück-Mosel“ seit 2019 ein E-Auto zum Carsharing anbietet.

    Dr. Veit engagiert sich zusätzlich beim Landesnetzwerk Bürgerenergiegenossenschaften Rheinland-Pfalz e. V. (und hat daher auch mit Shared Mobility auf dem Land zu tun. „Hier haben wir das Prinzip des Nachbarschafts-Carsharings entwickelt. Das funktioniert ab sechs Haushalten, die sich gemeinsam ein Auto teilen“, erläutert er. „Die Genossenschaft kauft das Auto, baut die Ladesäule, organisiert die Buchungen und die Abrechnung – die Nachbarschaft muss sich darum nicht kümmern.“

    Die Kosten werden nach dem Modell der solidarischen Landwirtschaft geteilt: Jeder übernimmt so viel der Kosten, wie er kann.

    Was bringt das?

    Aber ist das schon nachhaltig, wenn man ein geteiltes E-Auto fährt? Die urbane Mobilität der Zukunft, so sehen es viele Fachleute, kann noch mehr: „Das größte Potenzial von Shared Mobility liegt vor allem in der Ergänzung zum klassischen ÖPNV. Nur gemeinsam ist es möglich, eine echte Alternative zum privaten Pkw zu bieten“, erklärt Lukas Raudonat, Projektmanager für den Ausbau von „VRNnextbike“ und die Digitalisierung der Fahrradmobilität beim Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN).

    Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) kooperiert seit 2014 mit dem Fahrradverleiher „nextbike“. Forciert wurde die Entwicklung hin zum Bikesharing in den 2010er-Jahren durch die rasante Verbreitung der Smartphones und GPS-gestützter Systeme. „Die blauen Räder waren von Beginn an ein Erfolg und erfreuen sich großer Beliebtheit. Inzwischen ist ,VRNnextbike‘ in 21 Kommunen mit mehr als 2.100 Rädern an 350 Stationen vertreten“, bilanziert der Projektmanager.

    Mobilitätsangebote verbinden

    Doch die Integration von Sharing-Angeboten in kommunale Verkehrssysteme ist nicht nur eine Frage von angebotenen Fahrzeugen, sondern auch von Vernetzungsstrategien. Umgesetzt werden kann das mit einer Plattformen-App, welche die verschiedenen Verkehrsangebote des Umweltverbunds aus Bus, Bahn, Rad- und Fußverkehr verknüpft und damit die Planung gesamter Routen ermöglicht. Wie zum Beispiel mit der App „Mobility inside“, deren Abdeckungsgebiet die Verbindungsmöglichkeiten von zurzeit etwa 40 Prozent der Menschen in Deutschland berücksichtigt.

    Auch die Genossenschaften setzen auf Vernetzung: „Da alle Genossenschaften die gleiche App fürs Carsharing nutzen, wollen wir erreichen, dass in Zukunft all deren Autos über diese App gebucht werden können. Perspektivisch könnte das in ganz Deutschland umgesetzt werden“, erklärt Dr. Philipp Veit vom Landesnetzwerk Bürgerenergiegenossenschaften Rheinland-Pfalz e. V.

    Sharing macht Spaß

    Doch Technik ist nicht alles. Damit die Menschen die Angebote auch annehmen, muss es auch Spaß machen: „Mobilitätsentscheidungen sind emotional“, betont denn auch die Studie „Mobility Futures“ des Beratungsunternehmens Kantar. „Die Menschen nutzen eher Verkehrsmittel, die ein bisschen Freude in ihren täglichen Arbeitsweg bringen und zu einer Lebenseinstellung werden und nicht nur ein Mittel zur Fortbewegung sind.“

    So ist es gut, dass Rad- und Rollerfahren auch Bewegungsglück ermöglichen. „Seit Herbst letzten Jahres erleben wir einen noch nie dagewesenen Nachfragezuwachs. Insbesondere in den Oberzentren Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen und Kaiserslautern gehen die Ausleihzahlen gerade förmlich durch die Decke“, freut sich Lukas Raudonat von „VRNnextbike“. „Anfang Mai hatten wir einen neuen Tagesrekord mit über 4.000 Ausleihen. Die Leute scheinen auf einmal richtig Lust auf Radfahren und Bikesharing zu haben. Dabei macht sich extrem bemerkbar, dass die Studierenden wieder an die Hochschulen dürfen.“

    Wie geht das?

    Mit Smartphone und Internet ist das Teilen ein Kinderspiel. Auch wenn es um Fahrzeuge oder Mobilitätsdienstleistungen geht. Wie es praktisch funktioniert, erklären wir dir hier:

    Carsharing: Das Auto gemeinsam mit anderen nutzen, das aber einem anderen – einer Genossenschaft oder einem Unternehmen – gehört, ist mittlerweile super simpel. In der Regel wirst du (meist unentgeltlich) Mitglied und schließt einen Rahmenvertrag ab und hast damit das Recht, eines der Fahrzeuge des Anbieters für eine bestimmte Zeit auszuleihen. Leihen kann man in der Regel alles vom Kleinstwagen bis zum Transporter, mittlerweile auch gerne mit Elektroantrieb. Abgerechnet wird nach der Fahrt zu einem festgelegten Preis für die Zeit und die gefahrenen Kilometer. Für Vielfahrer gibt es oft auch Abo-Modelle mit einer monatlichen Grundgebühr und niedrigeren Kilometer- und Zeitkosten.

    Unterscheiden muss man hier noch nach „free-floating“, stationsbasiert und hybrid, also kombinierten Carsharing-Angeboten: Beim Free-Floating-Carsharing findest du dein Auto dort, wo der letzte Kunde es abgestellt hat per Handyortung. Stationsbasierte Fahrzeuge holst du an einem festen Parkplatz in deiner Nähe ab und gibst sie dort auch wieder zurück. Bei kombinierten Systemen gibt es beides.

    Im Unterschied zum klassischen Autoverleih sind Carsharing-Angebote dezentral und ermöglichen Kurzzeitnutzung. Buchen kann man sein Fahrzeug rund um die Uhr per App oder Telefon, vorausgesetzt, man ist Mitglied oder hat vorab einen Rahmenvertrag geschlossen.

    Bikesharing funktioniert ganz ähnlich: Auch hier musst du dich zunächst registrieren und kannst dann auf alle Räder zugreifen. Die „Bikes“ werden meist per Smartphone-App oder Mitgliedskarte geöffnet und die Abrechnung erfolgt anschließend in der Regel nach genutzter Zeit. Auch hier gibt es Abo-Modelle für Vielfahrer sowie Free-Floating-Angebote und solche, bei denen du das Rad wieder an einer Station zurückgeben musst.

    E-Scooter werden meist in Free-Floating-Form angeboten, per App gebucht und auf Minutenbasis abgerechnet.

    Beim Ridepooling teilst du das Fahrzeug gleichzeitig mit anderen, die zu deiner Route passende Abhol- und Zielorte haben und ungefähr gleichzeitig mit dir los wollen. Meist sind es Kleinbusse, die von den Kommunen gestellt werden und zu bestimmten Zeiten, meistens spätabends oder an den Wochenenden, den ÖPNV ergänzen.